Rassistischer Angriff im Bus in Bad Schlema: Geldstrafe für Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung

Im Sommer 2021 war ein junger Eritreer angegriffen worden. Die juristische Aufarbeitung läuft. Vor dem Landgericht musste sich jetzt ein Beamter verantworten. Er soll weniger getan haben, als von einem Polizisten zu erwarten ist.

Der Fall machte im Sommer vergangenen Jahres Schlagzeilen: Ein junger Mann aus Eritrea (20) war in einem Linienbus in Bad Schlema aus einer Gruppe Deutscher heraus erst rassistisch beleidigt, dann mehrfach geschlagen worden. Für Wirbel sorgte der Angriff auch deshalb, weil zur Tatzeit ein Polizist – der dienstfrei hatte – in dem Bus saß, der den Männern nicht Einhalt geboten haben soll. Die Chefs der Polizeidirektionen Zwickau und Chemnitz veranlasste das zu einer Erklärung, in der es hieß: „Wir erwarten von unseren Polizisten, dass die auch außerhalb des Dienstes die Begehung von Straftaten verhindern, zu deren Aufklärung beitragen und nicht wegschauen.“ Nun musste sich der Beamte vor dem Landgericht Chemnitz verantworten. Der Vorwurf: unterlassene Hilfeleistung.In der Verhandlung berichtete der Polizist, dass es ihm an jenem Abend des 17. Juli 2021 nicht gut gegangen sei: „Ich war einfach fertig.“ Sein Anwalt erklärte: „Er war privat unterwegs an dem Tag und hatte Alkohol konsumiert.“ 1,1 Promille soll er nach einer Wanderung intus gehabt haben. Den Streit im Bus, der sich zunächst hinter ihm abspielte, habe er gar nicht richtig wahrgenommen, so der Angeklagte. Eine Erklärung, die er so ähnlich bereits im Juni bei einem Prozess vor dem Auer Amtsgericht abgegeben hatte.

Amtsgericht Aue-Bad Schlema verurteilte Polizisten zu Geldstrafe unter Vorbehalt

Neben unterlassener Hilfeleistung ging es damals auch um versuchte Strafvereitelung, denn der Beamte, der zum Einsatzzug der Polizeidirektion Zwickau gehört, soll den vom Busfahrer gerufenen Streifenbeamten erklärt haben, es sei nur zu einer verbale Auseinandersetzung gekommen. Das Auer Amtsgericht sah letztlich eine „Strafbarkeit im unteren Bereich“ und verhängte eine Geldstrafe von 4000 Euro, unter Vorbehalt. Das heißt, sie wird nur fällig, wenn der Angeklagte gegen die einjährige Bewährung verstößt.

An diesem Vorbehalt störte sich die Staatsanwaltschaft und legte Berufung ein, daher kam es am gestrigen Dienstag erneut zum Prozess. Zum Vorwurf der versuchten Strafvereitelung erklärte der Anwalt, sein Mandant habe den hinzugerufenen Beamten erklären wollen, dass im Bus mittlerweile Ruhe eingekehrt ist. Vom Versuch „das Geschehen zu bagatellisieren“, sprach wiederum die Staatsanwältin, die dem Angeklagten vorwarf, „seine Leute“ zu schützen. „Das setzt dem ein Stück weit die Krone auf.“ Laut Anklage soll der Polizeibeamte mit einem der Angreifer bekannt gewesen sein.

Angreifern soll Prozess im Frühjahr 2023 gemacht werden

Zugleich betonte die Staatsanwältin, dass es nicht ihr Anliegen sei, den Beamten für die Gesamtsituation verantwortlich zu machen: „Die Täter werden gesondert verfolgt.“ Laut der Staatsanwaltschaft Chemnitz erwartet drei Angeklagte Anfang März 2023 in der Sache vor dem Amtsgericht Aue-Bad Schlema der Prozess. Der Vorwurf gegen sie lautet Beleidigung und gefährliche Körperverletzung.

Zu Gute hielt die Staatsanwältin dem Angeklagten, dass er strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten und durch die mediale Berichterstattung in den vergangenen Monaten auf gewisse Weise vorverurteilt worden sei. Das kritisierte auch der Anwalt, der abseits der Verhandlung davon sprach, dass sein Mandant zu unrecht in die rechte Ecke gestellt würde: „Er ist seit 22 Jahren bei der Polizei und es ist bisher nichts vorgefallen.“

Nach Sichtung eines Videos, das Kameras in dem Bus am Tatabend aufgezeichnet hatten, erklärte die Staatsanwältin zudem, dass der Angeklagte mit einer Armbewegung durchaus versucht habe, die Angreifer wegzuziehen. Das sah auch die Richterin so, erklärte aber: „Weil Sie Polizeibeamter sind, erwartet man mehr Einsatz als von einem normalen Bürger.“ Am Ende folgte sie der Staatsanwältin, die eine Geldstrafe über 3500 Euro gefordert hatte – ohne Vorbehalt.

Gegen den Beamten läuft auch ein Disziplinarverfahren bei der Polizei

„Sie waren nicht ganz tatenlos, haben aber auch nicht so gehandelt, wie es zu erwarten gewesen wäre“, sagte die Richterin zum Angeklagten in ihrer Urteilsbegründung. Kritik übte sie daran, dass der Beamte versucht habe, den Vorfall herunterzuspielen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Polizisten läuft auch ein Disziplinarverfahren bei der Polizeidirektion Zwickau, das bis zu einem abschließenden Urteil ruht.